PRESSEINFORMATION
Datum: 22. Oktober 2025
Düsseldorf – Der Handelsverband Kosmetik (HVK) äußert sich besorgt über die finanziellen Auswirkungen der EU-Richtlinie zur Behandlung von kommunalem Abwasser (UWWTD) auf den deutschen Kosmetikhandel und letztlich auch die Verbraucher. Die Richtlinie ist bereits im November 2024 in Kraft getreten und wird branchenweit kritisch gesehen, während die Umsetzung in den Mitgliedstaaten bereits in vollem Gange ist. Die UWWTD sieht eine erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) vor, die nicht nur Hersteller, sondern auch Händler von Kosmetika erheblich belasten könnte.
Gemäß Artikel 9 und 10 der UWWTD werden Hersteller und Inverkehrbringer von Humanarzneimitteln und Kosmetika verpflichtet, mindestens 80 Prozent der Kosten für eine zusätzliche Behandlungsstufe zur Entfernung von Mikroverunreinigungen in Kläranlagen zu tragen. Diese Regelung zielt darauf ab, die Umweltbelastung durch Mikroverunreinigungen zu reduzieren.
Händler in der Pflicht: Finanzielle und organisatorische Herausforderungen
Besonders kritisch sieht der Handelsverband Kosmetik die Ausweitung der EPR auf Händler. „Die Richtlinie stellt sicher, dass nicht nur Hersteller, sondern auch Händler zu den Kosten der Abwasserbehandlung beitragen, wenn sie solche Produkte in Verkehr bringen, unabhängig davon, ob sie diese selbst hergestellt haben“, erklärt Elmar Keldenich, Geschäftsführer des HVK. Dies bedeutet für viele Händler eine neue finanzielle und organisatorische Herausforderung. Sie werden in vielen Fällen verpflichtet sein, genaue Angaben zu den Mengen und der Gefährlichkeit der von ihnen in Verkehr gebrachten Produkte zu machen, da dies die Grundlage für die Berechnung der EPR-Kosten bildet.
Erhebliche Investitionen und potenzielle Preissteigerungen
Die Kosmetikindustrie muss in den nächsten drei Jahren Systeme zur Kostenerfassung und -finanzierung einrichten. Dazu gehören Investitionen in den Bau und die Wartung der neuen Behandlungsstufen, die Überwachung schädlicher Mikrosubstanzen und die Erfassung von Daten zu den vermarkteten Produkten. Die finanzielle Belastung wird entsprechend der Gefährlichkeit der Inhaltsstoffe und dem Umsatzvolumen verteilt. Dies könnte insbesondere günstigere Produkte überproportional verteuern und somit die Wettbewerbsfähigkeit beeinflussen.
Polen klagt gegen EPR-Vorgaben – Kritik an Kostenverteilung
Die Kritik an der Richtlinie findet bereits auf europäischer Ebene Ausdruck: Am 22. April wurde offiziell bestätigt, dass Polen beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Klage zur vollständigen oder teilweisen Aufhebung der neuen EPR-Vorgaben eingebracht hat. Der Fall ist unter dem Aktenzeichen C-193/25 registriert. Polen argumentiert, dass die Kostenverteilung auf die Hersteller gegen grundlegende Prinzipien des EU-Rechts verstößt – insbesondere gegen das Verursacherprinzip, das Diskriminierungsverbot und das Verhältnismäßigkeitsprinzip. In der Klageschrift fordert Polen nicht nur die Aufhebung von Artikel 9 (1) in Verbindung mit Anhang III, sondern – falls diese Bestimmungen nicht abtrennbar sind – gleich die Annullierung aller relevanten EPR-Elemente, darunter Artikel 2(20), 9, 10 sowie weitere Abschnitte der Richtlinie 2024/3019.
Deutsche Initiative für eine EU-weite Lösung
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) hat im Rahmen einer Initiative zur Entlastung von Berichtspflichten und zur Erstreckung von Fristen (sogenannte „Omnibusverordnungen“) die Artikel 9 und 10 der UWWTD an das Bundeskanzleramt (BKA) gemeldet. Hierbei wird, entsprechend der österreichischen Position in den RAG (Regulatory Affairs Group), die Prüfung einer einheitlichen Lösung in Form einer „Steuer“ auf EU-Ebene vorgeschlagen. Dies könnte zu einer Entlastung einzelner Hersteller führen, erfordert jedoch umfangreiche Daten zur Identifizierung von Schadstoffquellen im Abwasser.
Offene Fragen und weitere Klagen in Vorbereitung
Trotz der bereits laufenden Implementierung in den Mitgliedstaaten und dem Inkrafttreten der Richtlinie gibt es noch viele offene Fragen, beispielsweise hinsichtlich der Prüfstandards für Schadstoffe. Cosmetics Europe, der europäische Dachverband der Kosmetikindustrie, erwägt ebenfalls eine Klage gegen diese Richtlinie.
„Die UWWTD zwingt die Kosmetikbranche in den nächsten Jahren zu erheblichen Anpassungen und Investitionen“, so der HVK-Sprecher weiter. „Wir rufen die Politik auf, die Belastungen für den Handel genau zu prüfen und praktikable Lösungen zu finden, die eine faire Verteilung der Kosten ermöglichen und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht unnötig gefährden. Die deutsche Initiative für eine EU-weite Abwassersteuer ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, um eine fragmentierte und potenziell ungerechte Kostenverteilung zu vermeiden. Die Klage Polens unterstreicht die Notwendigkeit einer grundlegenden Überprüfung der EPR-Vorgaben.“
Der Handelsverband Kosmetik wird die Entwicklungen genau beobachten und sich, zusammen mit den Herstellerverbänden und seinen europäischen Partnern weiterhin für die Interessen des deutschen Kosmetikeinzelhandels einsetzen.
[Text/Bild: Handelsverband Kosmetik – Bundesverband Parfümerien]
Grafik zum Download [Quelle: Handelsverband Kosmetik – Bundesverband Parfümerien]

